Updates der Kabul Luftbrücke

Hier findest Du die neuesten Updates zur Arbeit der Kabul Luftbrücke und unsere Appelle an die deutsche Bundesregierung. Gemeinsam mit anderen Organisationen haben wir in der Vergangenheit das Bundesaufnahmeprogramm auf den Weg gebracht – heute kämpfen wir für die Fortführung von humanitärer Aufnahme aus Afghanistan und ihre effiziente Umsetzung sowie den Zugang zu Recht in den Aufnahmeverfahren.

Minibusbrücke

kabul

Wie unterstützt die Kabul Luftbrücke?

Immer wieder bekommen wir das Feedback, dass viele Menschen gar nicht genau wissen, was wir eigentlich tun – einige glauben sogar, unsere Arbeit sei längst abgeschlossen. Wie schön wäre das! Vielleicht ist unser Name, „Kabul Luftbrücke“, etwas irreführend? Tatsächlich erfolgen die meisten unserer Evakuierungen mit Minibussen, nicht mit Flugzeugen. Nur drei Mal haben wir ein Charterflugzeug nach Kabul geschickt – vor allem, um zu beweisen, dass es möglich ist, obwohl die deutsche Bundesregierung dies damals vehement bestritt.
Hier zeigen wir, was unsere tägliche Arbeit ausmacht und wie wir Schutzsuchende konkret unterstützen.

Evakuierungen aus Afghanistan

Unser Operations-Team bereitet die Schutzsuchenden umfassend auf ihre Ausreise vor. Sie erhalten alle essenziellen Informationen für eine sichere Evakuierung – von den erforderlichen Dokumenten bis hin zu Verhaltenshinweisen während der Flucht. Die meisten von ihnen verkaufen ihr gesamtes Hab und Gut, denn eine Rückkehr unter der Herrschaft der Taliban ist für sie keine Option.

In der Vergangenheit hat die Kabul Luftbrücke Schutzsuchende sowohl in den Iran als auch nach Pakistan evakuiert. Seit Juni 2023 konzentrieren wir uns jedoch hauptsächlich auf Evakuierungen nach Pakistan, da humanitäre Visa-Anträge für Deutschland nur noch über die deutsche Botschaft in Islamabad bearbeitet werden.

Bis heute sind wir die einzige NGO, die alleinstehende Frauen und Minderjährige sicher aus Afghanistan evakuiert.

Bustransfer nach Islamabad

Nach dem Grenzübertritt steigen die Schutzsuchenden in Busse eines pakistanischen Unternehmens um, das die Weiterfahrt übernimmt.

Islamabad, die pakistanische Hauptstadt, liegt etwa 250 Kilometer entfernt, und die Fahrt dorthin dauert weitere vier Stunden.

Erst nach dieser letzten Etappe können die Evakuierten erstmals ein gewisses Maß an Sicherheit verspüren.

Unterstützung in Islamabad

In Islamabad werden Evakuierte mit einer vorläufigen Aufnahmezusage für Deutschland in Gästehäusern der GIZ untergebracht, wo sie auf ihren Termin in der deutschen Botschaft warten. Da der Visaprozess mit Sicherheitsinterviews und einer gründlichen Prüfung verbunden ist, kann der Aufenthalt mehrere Monate oder sogar Jahre dauern. Bei anderen Visaarten, wie Familienzusammenführung, Fachkräfte- oder Studentenvisa, müssen Schutzsuchende selbst für ihre Unterkunft sorgen. Die Kabul Luftbrücke unterstützt bei der Suche und informiert über Maßnahmen für einen legalen Aufenthalt in Pakistan.

Auch nach ihrer Ankunft steht unser Groundoperations-Team den Evakuierten zur Seite. Wir informieren über Visa-Verlängerungen, um Abschiebungen zu verhindern, und werden in Notfällen häufig kontaktiert.

Weiterreise nach Deutschland

Sobald die Evakuierten ihr humanitäres Visum in der deutschen Botschaft erhalten haben, kann ihre Weiterreise nach Deutschland erfolgen. Sie werden über die Ausreise informiert, bekommen ihre Pässe zurück und durchlaufen vor der Abreise eine medizinische Untersuchung.

Der Flug von Pakistan nach Deutschland wird von der GIZ organisiert, sodass für die Evakuierten keine Kosten entstehen.

AntragstellerInnen von anderen Visakategorien tragen die Kosten für ihre Reise nach Deutschland selbst.

Ground Operations

Obwohl die Bundesregierung mittlerweile selbst Evakuierungen durchführt, setzen wir unsere Arbeit fort – denn die Ausreise in ein Nachbarland ist oft weitaus komplizierter, als es die deutsche Bürokratie berücksichtigt. Wir begleiten besonders schutzbedürftige Personen und Familien, die durch komplexe Verfahren voneinander getrennt wurden. Zudem dürfen alleinstehende Frauen Afghanistan nur in männlicher Begleitung verlassen – eine Hürde, die wir mit unserer Unterstützung überwinden.
In Islamabad betreuen wir Schutzsuchende, die aufgrund bürokratischer Prozesse nicht weiterreisen können. Besonders betroffen sind Menschen, die in Verfahren zur Familienzusammenführung stecken bleiben, auf die Bearbeitung ihrer Härtefallanträge warten und dadurch oft Monate oder sogar Jahre in Pakistan festsitzen.

Virtuelles Headquarter

Wir haben uns entschieden Spendengelder sinnvoll einzusetzen, daher verzichten wir auf Büroräumlichkeiten – wir haben ein virtuelles Headquarter, in dem alle Fäden zusammenlaufen. Die Ground Operators berichten täglich an das Headquarter über die aktuelle Lage vor Ort in Afghanistan und Pakistan. Nur durch diese wertvollen Kontakte ist es möglich, dass wir unsere Arbeit weiterhin fortsetzen können.

Unsere Case Manager befassen sich zusätzlich mit individuellen Einzelfällen und versuchen, einen Weg für viele zurückgelassene Personen und Familien zu finden.

Advocacy & Case Management

Seit der Machtübernahme im August 2021 erreichen uns täglich Hilferufe von Menschen, die sich in akuter Bedrohung befinden. Die Aufnahmelisten der Bundesregierung wurden damals für etwa zwei Wochen geöffnet – der Zugang war willkürlich, und Ende August 2021 wurden die Listen geschlossen.
Um dennoch Schutzsuchenden zu helfen, haben wir seit Februar 2022 mit unserem Cases-Team über Einzelfallanträge weitere Aufnahmezusagen erwirkt. Seit Mitte Oktober 2023 gibt es zwar ein offizielles , doch es wird dem tatsächlichen Bedarf kaum gerecht.
Deshalb setzen wir uns weiterhin politisch für transparente und öffentliche Anlaufstellen, individuelle Antragsstellungen und eine Reform des Ortskräfteverfahrens ein.
Aktuell sind wir so ausgelastet, dass wir keine neuen Fälle annehmen können.

Wer sind die Evakuierten?

Schutzsuchende aus Afghanistan stammen aus ganz unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft – darunter LehrerInnen, JournalistInnen, StudentInnen, RichterInnen, KünstlerInnen, Klima-AktivistInnen, SportlerInnen, LGBTQI+ Personen und viele mehr. Unzählige andere stehen noch auf unseren Listen und sind weiterhin in Afghanistan gefangen. Einige derjenigen, die es mit Hilfe der Kabul Luftbrücke geschafft haben, sind inzwischen in Deutschland und teilen hier ihre Geschichten.

Hallo, ich bin Fatemeh

Wir sind eine fünfköpfige Familie und leben seit dem 13. Juli 2022 in Deutschland. Unser Land zu verlassen war emotional und psychisch sehr belastend, besonders weil wir vor dem Tod geflohen sind. Ohne Empathie und Unterstützung wäre es kaum möglich gewesen.

Auf unserer Flucht von Afghanistan nach Islamabad begegneten wir dem Team der Kabul Luftbrücke. Ihre Menschlichkeit gab uns Mut und Hoffnung. Auch in Deutschland wurden wir herzlich empfangen, bekamen Lebensmittel, Vorräte und Spielzeug für unsere Kinder.

Heute lerne ich Deutsch, meine Kinder gehen zur Schule und spielen Fußball – jeder hat eigene Träume. Inspiriert durch die Unterstützung der Kabul Luftbrücke möchte ich zukünftig selbst im Bereich Migration arbeiten, um anderen mit Empathie zu helfen.

Fatemeh, 28 Jahre alt
In Deutschland seit Juli 2022

Ali Mazlomyar

Was ist Frieden? Wenn man in einem Land aufwächst, das seit Jahrzehnten im Krieg ist, ist es schwierig, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Ali Mazlomyar war 12 Jahre alt, als er anfing, über diese Frage nachzudenken. Damals wurde er von Aktivisten mit dem Konzept des Friedens vertraut gemacht. Und bald wurde er selbst ein Friedensaktivist in seinem kriegsgebeutelten Heimatland.

In Kabul zogen er und seine Freunde 2018 für ein paar Stunden Burkas an, um zu demonstrieren, wie lästig und anstrengend dieser Schleier für Frauen ist. Bilder von diesem Ereignis verbreiteten sich weltweit – und führten zu Todesdrohungen der Taliban gegen die Aktivisten. Heute lebt der junge Mann mit seiner Frau Marsiah in Stuttgart, Deutschland. Sie konnten den Taliban nur knapp entkommen. Alex Bühler erzählt ihre Geschichte und teilt ihre neuen Herausforderungen in Deutschland.

Der Artikel der Stuttgarter Zeitung ist online verfügbar.  Link zum Artikel

Hallo! Hier ist Uzair.

Ich bin fünfeinhalb und liebe Kekse! Ich könnte sie den ganzen Tag essen, aber meine Mama kocht immer Gemüse. Vor zwei Jahren habe ich bei Oma und Opa in Osnabrück das erste Mal Plätzchen gebacken. Sie haben mir gezeigt, wie man Sterne formt und Schokolade über die Kekse gießt. Mein kleiner Bruder und ich haben viel genascht und tolle Kekse gemacht. Ich durfte sogar die Schüssel ausschlecken – so lecker!

Dieser Tag war einer meiner liebsten in Deutschland. Damals waren wir noch neu hier und ich oft traurig. Wir mussten schnell aus Afghanistan weg und konnten fast nichts mitnehmen. Am meisten vermisse ich meine Cousinen, die nicht mitkommen durften. Wenn ich sie wiedersehe, backe ich mit ihnen bei Oma und Opa.

Oma und Opa sind nicht meine richtigen Großeltern, aber sie haben meiner Familie hier viel geholfen. Sie sind so lieb wie meine Oma und mein Opa in Afghanistan.

Uzair, 5 Jahre jung
In Deutschland seit September 2021

Hadia, ein Mädchen auf Erfolgskurs

Nach einem Jahr in Deutschland habe ich meine Gymnasialempfehlung bekommen – dank meiner besten Freundin aus dem Heim. Sie ist auch Afghanin und sehr streng. Wir lernten jeden Tag zusammen, und bei jedem kleinen Fehler musste ich es hundertmal wiederholen. Plötzlich sprach ich Deutsch, sogar schwierige Worte wie „Schienenersatzverkehr“.

Ich habe vier große, schlaue Schwestern. Bahara geht mit mir aufs Gymnasium und will Ärztin werden. Mahnour war Taekwondo-Meisterin in Kabul und trainiert hier täglich im Fitnessstudio. In Kabul wäre unsere Zukunft vorbei gewesen: Mädchen dürfen nach der sechsten Klasse nicht mehr zur Schule, und ein Verwandter wollte meine 15-jährige Schwester heiraten, weil sie „keine Zukunft mehr hätte“. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was aus uns geworden wäre.

Manchmal wundere ich mich aber auch über Deutschland: Warum schimpfen deutsche Schüler so viel? Gestern sagte ein Mädchen auf dem Schulhof etwas Schlimmes zu mir – ich war schockiert. Nein, fragt nicht, was genau. Man muss schließlich nicht jedes deutsche Wort kennen. Das gilt übrigens auch für euch.

Hadia, 13 Jahre alt

Maryam mit ihren Söhnen beim Sommerfest

Anfang des Sommers lud uns der Kindergarten meiner Kinder zu einem Sommerfest ein. Ich war begeistert, einen schönen Tag mit meinen Söhnen draußen zu verbringen.

Am Nachmittag gingen wir mit Erzieherinnen, Eltern und allen Kindern in den nahegelegenen Park. Viele hatten Decken mitgebracht, ich nicht – das störte aber nicht, denn meine Jungs spielten sowieso den ganzen Tag. Es gab viele leckere Speisen, Früchte und Süßigkeiten. Besonders gefreut hat mich, dass auch an Halal-Essen gedacht wurde.

Die Atmosphäre war locker und herzlich: Es lief Musik, einige Kinder spielten Fußball, andere standen Schlange zum Gesichtsbemalen. Ich durfte meinen Söhnen selbst die Gesichter schminken – Spiderman und Hulk. Das war eine echte Herausforderung, aber meine Kinder waren begeistert. Es war ein wunderbarer Tag und eine schöne Erinnerung für uns.

Maryam, 30 Jahre alt
In Deutschland seit November 2021

Yalda beim Laternenfest

Mein Name ist Yalda Sadaat. Ich kam im Oktober 2021 mit meiner Familie nach Deutschland. Besonders interessant fand ich das Laternenfest, da wir das in unserer Kultur nicht kennen. Es war neu für mich und meine zwei Söhne, eine Laterne zu basteln. Der Kindergarten lud uns ein, gemeinsam mit anderen Familien Laternen herzustellen. Obwohl ich anfangs nicht wusste, wie es geht, schaute ich mir alles bei anderen Eltern ab.

Am nächsten Abend gingen wir gemeinsam singend durch Kirche und Park. Es war das erste Mal, dass ich öffentlich sang – ein ungewöhnliches, aber befreiendes Gefühl, das ich seit 33 Jahren nicht erlebt hatte. Danach gab es im Kindergarten Essen, Trinken und nette Gespräche. Mein Sohn Zubair singt das Laternenlied bis heute jeden Tag.

„Ich geh’ mit meiner Laterne, Ich geh’ mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir.“

Yalda, 33 Jahre alt
In Deutschland seit Oktober 2021

Mansour, ehrgeiziger Hotelmanager

Mein Name ist Mansour Haidari, ich lebe seit November 2021 in Deutschland. Nach dem Zusammenbruch der Regierung in Afghanistan half uns die Kabul Luftbrücke, als meine Familie und ich alle Hoffnung verloren hatten.

Der Neustart in Deutschland war herausfordernd, doch meine neuen Freunde unterstützten mich sehr – bei der Wohnungssuche, Sprache und Bildung. Als Neuling fand ich einige Dinge lustig, z.B. dass man hier selbst bei roter Ampel wartet, obwohl kein Auto kommt, oder das deutsche „Jein“.

Ich lebe jetzt in Berlin und habe meinen B2-Sprachkurs nach 1,5 Jahren abgeschlossen. Bald beginne ich meine Ausbildung zum Hotelmanager. Dank meiner 6-jährigen Hotelerfahrung kann ich die Ausbildung bereits in acht Monaten statt dreieinhalb Jahren absolvieren. Nebenbei engagiere ich mich ehrenamtlich bei Kabul Luftbrücke, die meiner Familie und Hunderten Afghanen geholfen hat.

Was in Afghanistan passiert ist und noch passiert, bleibt für mich ein Albtraum. Ich wünsche mir sehr, dass mein Volk eines Tages in Frieden lebt. Deutschland ist meine zweite Heimat geworden und ich danke allen, die dabei geholfen haben.

Mansour, 29
Seit November 2021 in Deutschland

Shogufa, nennt mich Goofy

Gefällt es mir in Deutschland? Jein.
Mein Leben lang hieß es, Deutsche seien organisiert und pünktlich, während Afghanistan chaotisch sei. Doch ausgerechnet ihr erfindet das Wort „Jein“ – gleichzeitig ja und nein. Hoffnung auf Völkerverständigung? Inshallah.

Afghanistan fehlt mir sehr – meine Freunde, die Natur, die Vertrautheit. Ich habe nicht nur meine Heimat verloren, sondern auch einen Teil von mir. In Afghanistan war ich eine Rebellin: Ich kletterte auf Dächer und Berge, trotz Krieg und Terror. Als Frau kämpfte ich doppelt – gegen konservative Normen und für meine Freiheit. Seltsam: In Afghanistan hatte ich kaum Rechte und fühlte mich selbstbestimmt; hier bin ich frei, aber unsicher.

War das alles nötig? Muss man sein Leben riskieren, nur um klettern oder in die Schule gehen zu dürfen? Frauen in Deutschland wissen oft nicht, wie gut sie es haben – einfach so Rechte zu besitzen, einfach etwas wert zu sein. Das Chaos in meinem Kopf braucht noch Zeit, doch wenn ich abends meine Eltern auf der Parkbank vor unserer Wohnung sehe, fühle ich Frieden.

Shogufa, 24 Jahre alt. Foto: privat
In Deutschland seit Winter 2021, Bergsteigerin und Entertainerin

Mariam & Saliha

Vor zwei Jahren stand Mariam vor der schwierigsten Entscheidung ihres Lebens: Die afghanische Frauenrechtsaktivistin hatte die Möglichkeit, nach Deutschland zu fliehen. Ein Leben in Sicherheit bedeutete jedoch, ihre kleine Schwester Saliha in Kabul zurückzulassen. Seit dem Tod ihrer Mutter hatten die Schwestern kaum einen Tag ohne einander verbracht. Sie waren Teil des ersten weiblichen Bergsteigerteams Afghanistans, setzten sich für Frauenrechte ein und waren in der Kunstszene Kabuls aktiv. Eine Trennung war für die beiden unvorstellbar. Dennoch riet Saliha ihrer Schwester zu gehen. ‘Ich bin fast daran zerbrochen,’ sagt Saliha heute. Auch für Mariam fühlte sich die Trennung ‘an, als wäre ein Teil von mir gestorben.’ Mit Hilfe der Kabul Luftbrücke schaffte es Saliha, Afghanistan zu verlassen. Nach Wochen der Flucht, Angst und Ungewissheit landete Saliha letzten Montag in Berlin. Als Mariam und Saliha sich am Flughafen wieder sahen, ließen sie einander minutenlang nicht los. ‘Ich fühle endlich wieder Frieden,’ sagt Saliha.

Aqsa, Yusuf, Hamza & Marcia

Aqsa, Yusuf, Hamza und Marcia kamen im Oktober 2021 mit Hilfe der Kabul Luftbrücke in Frankfurt an. Obwohl sie die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, konnten sie nur dank der Kabul Luftbrücke ausgeflogen werden, da die deutsche Regierung zu wenig unternimmt, um selbst deutsche Staatsbürger zu evakuieren – ganz zu schweigen von den zahlreichen gefährdeten Menschen, die nicht das Privileg eines deutschen Passes haben und um die sich die deutsche Regierung noch weniger kümmert.

Zahra & Manizha Hindukusch Couture

So unterschiedlich Deutschland und Afghanistan auch sind, eins haben unsere Länder gemeinsam: Auf der Straße guckt man uns an, als kämen wir von einem anderen Stern. Als wir in Radlerhosen durch Kabul fuhren, hagelte es Pfiffe. Aber wie sonst sollen wir Mountainbike fahren? In Deutschland sorgen unsere bunt bestickten Kleider selbst auf Hochzeiten für erstaunte Blicke. Dabei wünschen wir uns mehr Vielfalt, mehr Farbe, mehr Schwung im Saum – denn die Welt ist schon grau genug. Die Taliban haben Afghanistan im Sturm erobert, und in Frankfurt regnet es auch gerade. Es gibt so viel Schönheit auf der Welt. Wir wollen sie entdecken und teilen. Man sagt: Lauf eine Meile in meinen Schuhen, um mich zu verstehen. Wir sagen: Tanz eine Runde in unseren Kleidern! In Deutschland darf man alles tragen, aber ständig Jeans und T-Shirt sind auf Dauer auch öde. Die Taliban wollen Frauen unsichtbar machen, dabei steckt die afghanische Kultur voller Farben. Wir wollen gesehen werden, am liebsten gemeinsam mit euch. Denn auch eure Kultur bietet viel – Ballerinas zum Beispiel, wow! Als wir unser Label gründeten, war klar, dass wir unsere Stoffe mit europäischen Schnitten verbinden wollen. Unser Traum? Hollywood-Stars in unseren Designs auf dem Roten Teppich oder Angela Merkel im afghanischen Hosenanzug. Zahra, 19 und Manizha, 23 Jahre alt Seit einem Jahr in Deutschland

Sonia und das dritte Kind

Hi, ich bin Sonia Is-haqzada, eine Weltreisende wider Willen. Ich dachte, nach Deutschland zu ziehen, sei die größte Überraschung meines Lebens. Spoiler: War es nicht. Nach einem Monat „Guten Tag“-Übungen in Deutschland erfuhr ich, dass ich zum dritten Mal schwanger bin. Zwei Jungs hatte ich schon – diesmal wünschte ich mir heimlich eine kleine Prinzession, um das Team komplett zu machen. Am Tag der Geburt gab es die nächste Überraschung: In Afghanistan sind Männer im Kreißsaal so wahrscheinlich wie fliegende Pinguine. Aber in Deutschland saß mein Mann plötzlich mit VIP-Ticket in der ersten Reihe und beobachtete das Drama, als wäre er ein Schneemann in der Sauna. Für ihn war die Geburt wie ein Netflix-Thriller – Drama, Schmerz, nur ohne Popcorn. Nach zwei Geburten dachte ich, ich hätte Routine. Denkste! Geburt ist kein Zauber-, sondern ein Schmerzprogramm. Danach hatte mein Mann seinen „Aha-Moment“: „Keine weiteren Kinder! Drei sind genug, ich ertrage deinen Schmerz nicht mehr.“ Als hätte er im Schnelldurchlauf das Handbuch fürs Elternsein gelesen und beschlossen: „Okay, ich hab genug gesehen.“ Sonia, 31 J., in Deutschland seit Januar 2022

Razia – das Leben einer afghanischen Studentin in Deutschland

Ich heiße Razia und komme aus dem schönen Bamyan in Afghanistan. Als ich das Stipendienangebot der Universität Bremen erhielt, war die Freude riesig – für mich und meine Familie. Mein Weg führte über Iran, Katar und die Türkei schließlich nach Deutschland, wo ich ohne Deutschkenntnisse ankam. Anfangs verständigte ich mich auf Englisch und mit Gesten; mittlerweile verstehe ich viel, aber fließend sprechen ist noch mein Ziel. Besonders überrascht hat mich, dass hier sonntags alles geschlossen ist – und natürlich die Straßen: Gehwege, Radwege, Autostraßen und Straßenbahnen, denen ich oft hinterherrannte. Anfangs war das Leben schwierig, aber jetzt bin ich angekommen: Vormittags Sprachaufgaben, nachmittags Deutschkurs, abends Studium. Am Wochenende treffe ich Freunde aus verschiedenen Ländern zum gemeinsamen Essen. 2024 möchte ich meinen Master in Künstlicher Intelligenz beginnen. Razia, 27 Jahre alt In Deutschland seit Mai 2023

Mein Name ist Nazdana

Spitzname Sultanfar, aus Ghazni, Afghanistan. Mein Umzug nach Kabul war ein Wendepunkt: An einer Privatschule entdeckte ich meine Liebe zur Psychologie, später setzte ich mich während meines Jurastudiums an der Universität Kabul leidenschaftlich für Frauenrechte ein. Durch soziale und mediale Aktivitäten versuchte ich, Frauen über ihre Rechte aufzuklären und die afghanische Gesellschaft zu verändern.

Mit der Rückkehr der Taliban verlor ich alle Freiheiten und musste meine Aktivitäten einstellen. Dennoch blieben meine Ziele klar: Ministerin für Frauenangelegenheiten werden, ins afghanische Parlament einziehen und inspirierende Bücher schreiben.

Ich wandte mich an internationale Regierungschefs und veröffentlichte Artikel zum Internationalen Frauentag, erhielt jedoch kaum Resonanz. Aktiv kämpfte ich in der „Afghanistan Movement for Justice and Freedom“ weiter für Frauenrechte.

Seit sechs Monaten bin ich mit einem Stipendium der Universität Bremen in Deutschland. Hier fand ich meine Freiheit und grundlegenden Rechte wieder, lerne Deutsch und setze meinen Weg entschlossen fort.

Dank an die Here AHEAD Academy und die Kabul Luftbrücke für ihre Unterstützung.

Nazdana alias Sultanfar, 22 Jahre alt
In Deutschland seit Juni 2023

Familie Mohseni

In Berlin lebt Mohammad Mohseni, ehemaliger Apotheker und Journalist aus Afghanistan, der nach dem Fall Kabuls mit seiner Familie hier Zuflucht fand. In Deutschland genießt die achtköpfige Familie endlich Ruhe, Freiheit und neue Chancen – besonders Mohammad freut sich, dass seine vier Töchter nun dieselben Rechte und Möglichkeiten wie seine vier Söhne haben.

Mustafa (14) begeistert mit seinem Gitarrenspiel, Fußballtalent und trat bereits viermal öffentlich auf. Seine Schwester Hussnia (13) beeindruckt als leidenschaftliche Fußballerin und talentierte Violinistin. Beide verbinden ihre Hobbys und den Alltag harmonisch mit islamischen und Koran-Studien, die sie viermal wöchentlich gemeinsam mit der Familie pflegen.

Mohammed Alim Mohsini, 45 J., in Deutschland seit August 2021

Häufig gestellte Fragen

Die Kabul Luftbrücke hat seit August 2021 über 4.000 Menschen bei der sicheren Ausreise begleitet. Jedoch warten noch immer mehr als 10.000 Menschen auf ihre zugesagte Aufnahme in Deutschland. Solange sie diese nicht erhalten, können sie laut Bundesregierung, Afghanistan nicht verlassen – mit einer vorzeitigen Ausreise würden sie ihr Aufnahmeverfahren riskieren (Bundesaufnahmeprogramm).

Wir von Kabul Luftbrücke setzen alles daran, diejenigen zu unterstützen, die sich noch immer in Gefahr befinden. Von Anbeginn arbeiten unsere Teams in Pakistan, Afghanistan und Deutschland täglich daran, sichere und legale Wege aus dem Land zu finden. Regelmäßig evakuieren wir gefährdete Personen – insbesondere alleinstehende Frauen und Minderjährige.

Aktuell können wir nur Menschen evakuieren, die eine schriftliche Aufnahmezusage der deutschen Bundesregierung oder einen deutschen Aufenthaltstitel besitzen. Wer eine solche Zusage erhält, entscheidet allein die Bundesregierung – wir haben darauf keinen Einfluss.

In erster Linie ist dies die Aufgabe der Bundesregierung. Wir können zurzeit nur wenige Personen evakuieren, die eine schriftliche Aufnahmezusage durch die Bundesregierung haben, die deutsche Staatsbürger sind oder einen deutschen Aufenthaltstitel haben. Leider ist es momentan sehr schwierig, kurzfristig eine solche Zusage zu bekommen, da bei der Bundesregierung dafür der politische Wille fehlt. Wir setzen uns politisch dafür ein, dass mehr Menschen eine Aufnahmezusage bekommen, haben im Einzelfall jedoch selbst keine Möglichkeiten, eine solche zu erwirken.

Auch falls wir euch bzw. die von euch unterstützten Menschen zurzeit leider nicht evakuieren können, schildert uns euren Fall gerne per Mail an cases@kabulluftbruecke.de Wir werden euch im Rahmen unserer Möglichkeiten informieren und beraten. Bitte beachtet jedoch,

⦁    dass wir nicht auf alle Anfragen zeitnah antworten können,
⦁    dass wir nicht über die Aufnahmezusagen entscheiden und
⦁    dass wir keinen Einfluss auf Entscheidungen der Behörden haben.

Bitte seht auch von einseitigen Nachfragen oder wiederholten Anfragen ab, da diese unsere Arbeit nur verzögern und nicht beschleunigen können.

Dies ist für Angehörige verschiedener Gruppen unterschiedlich geregelt:

  • Deutsche Staatsbürger und Inhaber deutscher Aufenthaltstitel: Sie benötigen keine Aufnahmezusage, können von uns evakuiert werden, sich selbst einen Flug buchen und sich direkt an das Auswärtige Amt bzw. die deutschen Botschaften in Teheran, Islamabad oder anderswo wenden.
  • Ehemalige Ortskräfte deutscher Organisationen: Die (ehemals) arbeitgebende Organisation kann theoretisch eine Aufnahmezusage über das Bundesinnenministerium erwirken. Zurzeit ist wegen der hohen Zahl an Anfragen allerdings mit einer Wartezeit von mehreren Wochen zu rechnen.
  • EhegattInnen, Kinder und Eltern in Deutschland lebender Personen: Hier kommt eine Aufnahmezusage im Rahmen der Familienzusammenführung über die IOM in Betracht: https://germany.iom.int/de/familienzusammenfuehrung. Der Prozess läuft allerdings auch durch das Bundesinnenministerium, weshalb voraussichtlich mit einer Wartezeit von mehreren Wochen zu rechnen ist.
  • Sonstige besonders gefährdete Personen: Das aktuelle Bundesaufnahmeprogramm, welches im Oktober 2023 gestartet wurde, sollte bis Ende der Legislaturperiode weiterlaufen. Durch Bruch der Ampelkoalition wird neu verhandelt, ob und in welcher Form das Programm weitergeführt werden soll. Für nähere Informationen und den aktuellen Stand siehe hier.
    Wir setzen uns auf politischer Ebene bereits seit Aussetzen des Programms im September 2024 für die Weiterführung ein, da aktuell noch 17.000 Personen im Verfahren sind und keine Zu- oder Absage erhalten haben.
  • Sonstige Schutzsuchende ohne besondere Gefährdung: Kein Aufnahmeprogramm der Bundesregierung, aber man kann sich trotzdem an andere Organisationen wenden. Es bestehen auch noch andere Visaarten, die für eine Ausreise in Betracht gezogen werden können. Siehe hier.

Das fragen wir uns auch, warten aber nicht auf die Antwort, sondern fangen schon mal an. Wir arbeiten dabei mit den zuständigen Regierungsstellen zusammen. Mangelnder politischer Wille und stark bürokratisierte Abläufe der deutschen Bürokratie verhindern jedoch eine gewisse Flexibilität, die wir offenbar eher gewährleisten können.

Sofern kein spezieller Spendenzweck angegeben ist, verwenden wir alle Spenden, um gefährdete Menschen aus Afghanistan zu evakuieren und Schutzsuchende in Pakistan zu unterstützen, damit sie nicht nach Afghanistan abgeschoben werden.

In Pakistan helfen wir vor Ort besonders alleinstehenden Frauen und Minderjährigen, die durch das Raster der Bundesregierung fallen. Wir finanzieren im Rahmen unserer Möglichkeiten: Unterkünfte, Grundversorgung, medizinische Hilfe, Schulbildung sowie juristische Unterstützung – insbesondere in Härtefällen oder bei zurückgenommenen Aufnahmezusagen.

Sollte eine direkte Unterstützung in dieser Form irgendwann nicht mehr möglich sein, setzen wir die Spenden weiterhin gezielt für humanitäre Hilfe und Schutzsuchende auf der Flucht ein. Unser Ziel bleibt es, Menschen in Not bestmöglich zu helfen.